
Die Spagyrik betrachtet Verwandlung und Weiterentwicklung als zentrale Prinzipien in der Heilkunst. Therapeuten stehen oftmals vor der Herausforderung, die effizienteste Methode aus mehreren möglichen therapeutischen Ansätzen auszuwählen. Diese Wahl beginnt bereits bei der Triage, welche vor der eigentlichen Diagnose und Therapie stattfindet und bestimmt, welcher Heilansatz für den Patienten am geeignetsten ist.
«Wer als einziges Werkzeug einen Hammer hat, dem bleibt nichts anderes übrig, als überall draufzuhauen.» Meist steht uns nicht nur ein einziges Werkzeug, sondern ein ganzes Sortiment zur Verfügung. In dieser glücklichen Situation befinden sich viele Heim- und Handwerker. Auch viele heilkundlich Tätige: wir verfügen meist über verschiedene Heilweisen. Welche ist die beste? Genauer: welche ist im speziellen Fall die angemessene, die effizienteste, die zielführende?
Diagnose ist methodenspezifisch. Jede Heilweise bewegt sich in ihrem Weltbild, hat ihre spezifischen Kriterien zur Beurteilung und Bewertung. Also ihre eigene Diagnostik, Interpretation, und darauf aufbauend Methodik zum Erreichen ihrer therapeutischen Zielsetzung. Wir sind zur Wahl gezwungen.
Die Aussage «Vor die Therapie haben die Götter die Diagnose gestellt» müssen wir erweitern um «Vor der Diagnose steht die Triage: Um welche Art Herausforderung handelt es sich, und welche Heilweise ist überhaupt zu wählen?»
Triage. Im notfallmedizinischen Kontext z.B. bei Katastrophen-Einsätzen sind es die Frage und der Entscheid: «Welchen Patienten können wir sinnvollerweise behandeln – unter Berücksichtigung begrenzter Ressourcen und daher Beschränkung auf Fälle, wo überhaupt eine realistische Chance auf Rettung besteht.» In anderem Kontext dient die Triage der Weichenstellung: «Ist dieser Patient tatsächlich ein Patient für die Notfall-Abteilung des Spitals, oder ist es ein Bagatellfall bzw. jemand, der sich vom Hausarzt behandeln lassen soll?
In Kontext meiner Naturheilpraxis ist die typische Weichenstellung: welche Heilweise dient diesem Patienten am besten? Ist dieser Patient ein Fall für die Spagyrik? Ist der alchemistische Weg für diesen Patienten angemessen, zielführend, also not-wendig. Diese vorläufige Beurteilung (Be-Ur-Teilung = Triage) treffe ich aus meinem Überblick und meiner Fachkompetenz heraus. Und der Patient? Ist er fähig, willens und bereit, diesen Weg zu gehen? Ohne «informed consent» wäre es ein Verbrechen, jemanden zu behandeln. Als Behandler unterbreite ich den Vorschlag und richte mich nach dem Entscheid. «Voluntas aegroti – suprema lex» = «Der Wille des Patienten ist das höchste Gesetz».
Jetzt erst, nach der Triage und der patientenseitigen Zustimmung, habe ich «den spagyrischen Patienten» vor mir, den ich im Sinn der Alchemie behandeln darf und werde.
Als Erinnerung noch einmal meine Darstellung der unterschiedlichen Menschenbilder. Was wieder die Frage ins Bewusstsein ruft: «Was ist die Krankheit?» «Aus welcher Richtung kommt sie?» «Warum und wie ergreift sie zunehmend das Wesen des Menschen».
Menschenbilder
(Bild: Jens Bomholt)
Hier ergänzen wir:
• «Wieso lässt die Natur Krankheiten zu?» und sogar
• «Was ist der (biologische, naturgewollte) Krankheitsnutzen?», was geradezu bedeutet:
• «Welche wichtige Bedeutung haben sogenannte Krankheiten im Rahmen der Evolution?»
Ich, jetzt im Rentenalter, stamme noch aus der vermutlich letzten Generation, bei der wir alle Kinderkrankheiten durchmachten, und unsere Eltern noch so froh darüber waren. Damals war es allgemein bekannt, dass jede durchgemachte Kinderkrankheit einen markanten Entwicklungssprung mit sich bringen konnte, ja sollte! Das wurde so ungeduldig erwartet, dass wir jungen Kinder nicht nur mit älteren erkrankten Kindern spielen durften, sondern sollten. Dazu wurden z.B. «Mumps-Partys» veranstaltet! Es war bekannt, dass sich nicht jedes teilnehmende Kind anstecken konnte: nur wer reif für den jeweiligen Entwicklungsschritt war, konnte die entsprechende «Krankheit» aufnehmen. Krank geworden und die Krankheit erfolgreich durchgemacht? Aus kleinen unmündigen – infantilen – Kindern wurden jetzt solche, deren schulische und menschliche Reife sich markant ausprägte. Jetzt konnten wir Aufgaben und Verantwortung übernehmen im Haushalt und bei der Betreuung unserer jüngeren Geschwister und Nachbarkinder. Das war erwünscht, darauf setzte man! Ärzte wussten: Ein krankheitstypischer Hautausschlag musste sich voll und deutlich entfalten: nur dann war die Krankheit erfolgreich gelungen, «Häutung und Entfaltung» für einen vollen Krankheitsnutzen.
Als Homöopath ist mir die Grund-Erkenntnis der Homöopathie immer präsent: «Akute Krankheiten sind die Besen gegen die chronischen Krankheiten. Erwünscht. Not-wendig! Der Homöopath verhilft dazu, wenn Bedarf besteht: Das ist seine wichtigste, eigentlich einzige Aufgabe.
Reinigung, Läuterung, Entwicklungsschritt, Prüfung, durchs Fegefeuer gehen … Krankheit zeigt sich nicht als Weg, sondern als Weichenstellung, der auf neue Wege und eine neue Ebene führt.
Die (akute) Krankheit ist ein sinnvoller, in der Evolution bewährter, Prozess. In einem bestimmten Moment ist er erforderlich. Dann läuft er kontrolliert und gesetzmässig ab. Jetzt arbeitet die Natur «an dieser Baustelle» und stellt dabei die Weiche in Richtung einer nächsten Lebensphase. Der Reinigungs- und Neuorientierungsprozess läuft so intensiv ab, wie im individuellen Fall notwendig. Manchmal unbemerkt und symptomfrei: wenn eben alles bereit war für die Umstellung, und der Körper gut im Schuss ist und wohlversorgt mit Nahrung, Vital- und Hilfsstoffen. Manchmal verläuft «die Krankheit» mit einigen Symptomen, gelegentlich sogar heftig, und in gewissen Fällen überfordert sie die Ressourcen und gar die Lebenskraft eines Individuums. Gravierende und fatale Verläufe falsifizieren meine Interpretation nicht, sondern bestätigen sie. Nicht alle sind wohlgenährt mit Makro- und Mikronährstoffen. Auch ist nicht jedes Individuum entwicklungs- und evolutionstauglich. Die natürliche Selektion hat die Aufgabe, solche Individuen im Interesse der Weiterentwicklung der Spezies auszusondern. Ja, so «brutal» verläuft Evolution.
Manche Heilweisen sind präventiv, manche kurativ, manche palliativ. Aber welche zielen darauf ab, Krankheiten zu verhindern? Welche, ihre Symptome zu lindern? Welche, sie als notwendig zu akzeptieren und so «geschmeidig» durchlaufen zu lassen, dass sie ihren biologischen Nutzen bestmöglich entfalten können?
Bestimmte Heilweisen provozieren nützliche «Krankheiten» geradezu. Als Homöopath setze ich ein Simile als Globuli ein, um bei Bedarf eine passende «arzneiliche Kunstkrankheit» zu vermitteln, die als Akutkrankheiten «als Besen gegen die behandlungsbedürftige chronische Krankheit» wirkt. Mit dieser Heilweise ist der Patient nach einer bewältigten Krankheit nicht «wieder gesund», sondern «neu gesund». Genetisch und epigenetisch übertragene Belastungen, sogenannte miasmatische Belastungen, sind abgebaut. Die Weiche ist so gestellt, dass der Patient nicht mehr auf der gleichen miasmatischen «schiefen Ebene» in Richtung Siechtum weiterläuft wie vorher.
Dies ist ein massiver Vorteil gegenüber Heilweisen, die den Kranken nur «wieder gesund» machen, damit der genesene Patient «wieder ganz der Alte» ist. Oder gar gegenüber «Heilweisen», die den Patienten unterdrückend, blockierend, «einheilend» behandeln und in lebenslange Abhängigkeit von derart wirkenden Medikamenten bringen.
Wo sehe ich die Spagyrik diesbezüglich? Noch vorteilhafter als die klassische Homöopathie. In einem wertvollen Aspekt geht sie weiter! Indem Transmutation das Kernprinzip der Arzneimittelherstellung ist, gibt sie die Transmutations-Idee vor. Solche soll der spagyrisch behandelte Patient erleben!
• Die Läuterung, die Befreiung vom Giftigen und Schlackenhaften, von bisheriger Last.
• Der «Fegefeuer-Prozess», der sich auf alle einzelnen Wesensaspekte bezieht.
• Schliesslich die Auferstehung, veredelt, auf einer neuen, reinen, freien Ebene.
Die neue Gesundheit – nach der erfolgreichen spagyrischen «Krankheits»-Begleitung – hat nichts mehr zu tun mit der alten Gesundheit. Der Entwicklungssprung, welchen noch Kinder meiner Generation bei den Kinderkrankheiten gemacht haben, beinhaltete auch die geistige, seelische und soziale Reifung. Solches erwarte ich auch – im jeweils möglichen Mass – bei einer spagyrisch begleiteten Krankheit. Der Patient wird «next level gesund». Was durchaus bedeuten kann, dass er sein bisheriges Leben im Rückblick aus seiner neuen Perspektive als Raupen- oder Kaulquappen-Dasein sieht, während seine Interessen sich jetzt auf Schmetterlings- oder Frosch-Niveau entwickelt haben.
Hat die Triage gezeigt, dass mein Patient an einer Weichenstellung, an einer Entwicklung, Erneuerung, Verwandlung interessiert ist, dann kann ich ihn (wie z.B. in diesem Artikel) in das Weltbild der Alchemie einführen. Und ihn dann, mit seiner Zustimmung, in den Genuss einer solchen Krisenbegleitung kommen lassen.
Wir haben gesehen, dass alle warmen (entzündlichen und fieberhaften, also vagotonen) «Krankheiten» gute «Krankheiten» sind. Auch alle «Kinderkrankheiten». Wichtige Weichenstellungen in der Entwicklung.
Entwicklungskrisen prägen und begleiten unseren Lebenslauf auch in anderer Form: die schmerzhafte Geburt, das schmerzhafte Zahnen, die fast irre machende Pubertät, der Stimmbruch und die Entwicklung der sekundären Geschlechtsmerkmale, letztere mitsamt einer fast unkontrollierbaren Triebhaftigkeit.
Unser Lebensweg in Gesellschaft und Beruf ist voller gravierender Ereignisse, wo nachher nichts mehr so ist wie vorher. Freundschaften und Liebe, Verluste und Feindschaften. Einschulung und Schulende. Berufswahl: Diplom oder Scheitern? Leben als Erwachsener. Ehe? Scheidung? Todesfälle? Irgendwann häufen sich Abschiede. Eigene Pensionierung, Alterungsprozesse, Verluste auf verschiedenen Ebenen bis endlich zum Verlust des diesseitigen Lebens. Tod: Ende, oder auch nur ein weiterer Entwicklungssprung?
Massiv unterschätzt wird diesbezüglich die Midlife-Crisis: Die dann vorzunehmende Weichenstellung ist massiv. Die erste Lebenshälfte steht unter dem Vorzeichen der Expansion, des Erwerbs z.B. von Wissen und Besitz. Die zweite Lebenshälfte hingegen wird dominiert von Verlust und Abbau. Die Weichenstellung von Expansion zu Kontraktion ist fundamental. Essenziell, damit die zweite Lebenshälfte sinnvoll vollendet werden kann. Am Schluss bleibt (materiell gesehen) nichts mehr: Der Körper stirbt, und «das letzte Hemd hat keine Taschen». Das gilt materiell, quantitativ. Was bedeutet, dass die Aufmerksamkeit in der zweiten Lebenshälfte auf «Qualität statt Quantität», auf «Essenz» auf Läuterung gerichtet sein soll.
Krankheiten als «auszurottende» Probleme zu behandeln, die mit Nulltoleranz bekämpft und unterdrückt werden: aus meiner Sicht «Negatives Denken», das in eine persönliche und evolutionäre Sackgasse führt. Wo bleibt das Vertrauen in die Natur, in die Schöpfung, in das Schicksal? Wo bleibt auch eine Wissenschaft, die wie früher die Aufgabe hatte, Dogmen (gerade auch die eignen!) systematisch zu hinterfragen und zu überprüfen? Thesen mitsamt aller Quellenmaterialien mussten öffentlich gemacht werden und auf den Prüfstand der Kritik gestellt werden, um mögliche Antithesen einzuladen und sich an ihnen zu messen. Und an der Realität. Letztlich entscheidet nicht eine stichhaltige These oder der Konsens eines Gremiums, sondern die Natur: «Die Natur hat immer recht».
Auch hier können wir vor den Alchemisten nur den Hut ziehen: Ihnen ging es immer darum, die Wege der Natur zu verstehen und auf Menschenwerk zu übertragen. Naturwissenschaft eben!
Letztlich ist in der Heilkunde eine Umorientierung notwendig. Alle Krankheiten müssen in ihrem Wesen erkannt werden.
• Gute, vagotone, gesetzmässig ablaufende und zeitnah vollendete, salutogen gerichtete «Krankheiten»
• Schlechte, sympathikotone, heimtückisch-unterschwellig verlaufende, kontinuierlich oder schubweise, pathogen gerichtete Krankheiten, verstärkt auftretend durch naturfremde Lebensweise und naturwidrige Behandlungen.
«Wenn der Sinn der Krankheit nicht erkannt ist, ist eine sinnvolle Behandlung nicht möglich!»
Habe ich den Sinn der «Krankheiten» und Krisen durchdacht und erkannt? Dann kann ich jeden dieser Umbrüche auf dem Lebensweg spagyrisch begleiten. Damit der Verlauf harmonisch erfolgt, und damit jedes Mal die Weiche richtig gestellt wird. Jeder nächste Abschnitt des Lebenswegs soll geläutert und next-level sein. In jedem Alter.
Gerade in der zweiten Lebenshälfte ist zu bedenken, dass uns das Materielle unseres Körpers und unseres Besitzes nicht auf Dauer zu Eigen ist. Auch nicht das Soziale. Irgendwann werden wir alleine sein: ALL-EINS hoffentlich, und dies nicht mehr auf der Ebene dieser Welt. Verluste sind Befreiungen – falls sie gelingen. Dann ist der letzte Verlust die endgültige Befreiung.
Der alchemistische Prozess, vorbildhaft durchlaufen und konserviert in jedem spagyrischen Heilmittel, ist Inspiration und Massstab.
Aber zurück zur Triage: Nicht alle unserer Patienten sind geeignet oder gewillt. Viele existieren in Weltanschauungen, wo nur das Materielle zählt, wo Krankheiten keine Entwicklungsschritte sind, wo nur eine konservative Behandlung gefragt ist. Dann geschehe es so. «Voluntas aegroti – suprema lex»: der Wille des Patienten ist für mich als Behandler verbindlich.
kant. approb. Naturheilpraktiker. 27 Jahre sanfte, nichtinvasive Naturheilkunde, 16 Jahre posturologie Haltungsbefreiung, 27 Jahre Kurse und Unterricht. Eigene Praxis in St. Gallen. Weitere Informationen unter www.bomholt.ch.
Seit 1993 stellt die Aurora Pharma AG spagyrische Naturheilmittel her. Die über 70 Urtinkturen aus Pflanzen, Mineralien und Metallen ermöglichen jedem auf körperlicher, emotionaler und mentaler Ebene das eigene Potenzial auszuschöpfen und Gesundheit zu erfahren.
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